Stellungnahme der Linksjugend [‘solid] Emmendingen zu den Einwänden von AnwohnerInnen der geplanten Flüchtlingsunterkunft in der Waldkircherstraße Denzlingen

(Hintergrund: http://www.badische-zeitung.de/denzlingen/anwohner-wollen-mauern–87043865.html)

Wir als Linksjugend [‘solid] Emmendingen rufen den Gemeinderat Denzlingen auf, den ausgrenzenden Forderungen der AnwohnerInnen eine Absage zu erteilen um die AsylbewerberInnen angemessen aufnehmen zu können.

Außerdem bitten wir jede Bürgerin und jeden Bürger, sich jeglicher Form von Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus sowie den immer lauter werdenden Forderungen nach Waffengewalt in anderen Ländern entschieden entgegen zu stellen.

Begründung

Der Umgang eines der reichsten Länder der Erde mit geflüchteten, schutzbedürftigen Menschen sollte bei jedem Menschen, der die viel beschworenen „westlichen Werte“ vertritt, eigentlich die Alarmglocken schrillen lassen. Trotzdem scheint es, seit mit dem Zusammenbruch des Ostblocks die politische Motivation für die Aufnahme von Flüchtlingen verschwand, ein regelrechtes Desinteresse für deren Grundrechte zu geben.

Während man im gemütlichen Sessel vor seinem Fernseher fast in Echtzeit den schrecklichen Bürgerkrieg in Syrien oder das Ertrinken tausender Menschen vor Lampedusa und ähnliche Gräuel beobachten und bemitleiden kann, wird die Handvoll, die es überhaupt hierher schafft, auf wenigen Quadratmetern eingepfercht und entrechtet, wenn nicht sogar in Gefängnisse gesteckt.

Die sogenannte Drittstaatenregelung ermöglicht es dem deutschen Staat, beinahe alle Geflüchteten, die zuvor ein anderes EU-Land betreten haben, wieder dorthin abzuschieben – eine sehr praktische Regelung, wenn man fast ausschließlich von EU-Ländern umgeben ist.

So werden nicht selten Flüchtlinge, die zuvor Misshandlungen durch Sicherheitskräfte ausgesetzt waren unter großer Angst wieder in genau dieses EU-Land zurück überführt, deren Staat sie genausowenig aufnehmen möchte.

Ein Flugzeug hätte ein Teil von ihnen vielleicht nie von innen gesehen. Nun gibt es das sogar mit polizeilichem Geleit – geholfen ist mit solch teuren, steuerfinanzierten Maßnahmen niemand.

Hinzu kommen ein Arbeitsverbot und die Residenzpflicht, die den Entrechteten die letzte Möglichkeit zur Teilnahme an gesellschaftlichem Zusammenleben nehmen. Sie haben keinen Platz mehr in der Welt.

Letzten Endes bleibt ihnen nur noch die Möglichkeit, monatelang in Ungewissheit die Zeit totzuschlagen und auf Ämtern, die sie nur noch zu Nummern degradieren, Befragungen über sich zu ergehen lassen bis endlich über ihren Verbleib entschieden wird.

Diese Umstände führen im gesamten Bundesgebiet immer öfter zu Verzweiflungstaten wie Selbstmorden und Hungerstreiks, aber auch organisiertem Protest von Flüchtlingen, die sich ihre unveräußerlichen Grundrechte nicht länger beschneiden lassen wollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel brachte diese Taktik der Abschreckung auf den Punkt, als sie 2009 auf einem „Bürgerforum“ der Bertelsmann-Stiftung von „Flüchtlingsbekämpfung“ sprach.

Während führende politische Persönlichkeiten zunehmend die „Verantwortung Deutschlands in der Welt“ beschwören und damit mehr Militäreinsätze der Bundeswehr rechtfertigen wollen, sind derzeit jetzt schon soviele Menschen auf der Flucht wie seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr.

Anstatt sie zuhause vorzuleben, sollen die „westlichen Werte“ in aller Welt mit Waffengewalt vertreten werden. Wer vor ebensolcher aus seiner Heimat fliehen muss wird „bekämpft“. Die angebliche moralische Überlegenheit des Westens wird so zur Farce.

Die Flüchtlingsströme werden auch durch die Abschreckung nicht weniger und so formiert sich gegen den Ausbau der Flüchtlingsheime nicht selten Widerstand innerhalb der deutschen Bevölkerung. Nun also auch in Denzlingen. Wurde im ersten Artikel, der in „Von Haus zu Haus“ erschien, noch behauptet man habe nichts gegen AsylbewerberInnen, werden dank kritischerer Berichterstattung spätestens am 5.7. im Denzlinger Lokalteil der Badischen Zeitung die Vorurteile, auf denen sich die Sorgen der AnwohnerInnen gründen, deutlich.

Der Forderung nach einer abgrenzenden Mauer und dem Verzicht auf einen Freisitz sowie einem Waschhaus liegt offensichtlich die Annahme zugrunde, dass AsylbewerberInnen sich auch nicht benehmen können wenn sie die Regeln der Gesellschaft kennen.

Die Sorge um die Entwertung eines angrenzenden Grundstücks und Aussagen wie „Ich will die nicht sehen, und ich will nichts mit denen zu tun haben.“ tun ihr übriges.

Auch wenn der Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit an die AnwohnerInnen wohl zu weit gehen würde – die Ergebnisse für die Betroffenen sind fast die Gleichen: Ausgrenzung und Diskriminierung.

Sowohl die derzeitigen Kriege, Umwälzungen und große Armut auf der Welt als auch die Versorgung vor Ort derer, die ihnen entkommen, sind nur mit einem solidarischen Umgang und der Verständigung untereinander zu lösen. Positive Beispiele, z.B. von Unterstützung durch AnwohnerInnen finden sich ebenfalls in ganz Deutschland.

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