Blockupy Proteste in Frankfurt im Rückblick

Kommentar eines Linksjugend[‘solid] Mitglieds

In Frankfurt am Main fanden dieses Wochenende die Blockupy Proteste statt, zu denen, unter anderem auch durch die Linksjugend [‘solid], bundesweit mobilisiert wurde, um gegen die Troika und deren Sparpolitik zu protestieren. Auch aus Freiburg sind einige Menschen hingefahren, in der Hoffnung friedlich demonstrieren zu können. Das harte Durchgreifen der Polizei und die gezielte Provokation gegenüber den Demonstrierenden hat jedoch verdeutlicht wie in der Bundesrepublik mit größerem Widerstand gegen den Kurs der Bundesregierung umgegangen wird. Als Betroffener der massiven Repression im Folgenden einige Eindrücke zu dem Ablauf der Proteste.

Der Unrechtstaat am Werk

Die diesjährigen Blockupy Proteste im Herzen des Krisenregimes waren gebrandemarkt von massiven Eingriffen in die Grundrechte der protestierenden Bürger*innen durch die Polizei. Wie im letzten Jahr wurden schon bei der Anreise Kontrollen durchgeführt und Busse daran gehindert überhaupt bis nach Frankfurt zu kommen.

Der Freitag – Blockadetag

Am Freitag bei den Blockadeaktionen wurde relativ schnell die aggressive Strategie der Polizei klar. Während am Anfang “nur” die EZB mit Gittern, von Hundertschaften besetzt,  und verstärkt durch Wasserwerfer unerreichbar war, provozierte die Polizei schon am frühen Morgen mit heftigen Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz wie auch mit aggressiven Auffahren von Polizist*innen welche die Blockierenden von hinten drangsalierten.
Die Blockade der EZB wurde gegen Mittag planmäßig beendet und die Aktivist*innen begaben sich zur Paulskirche um zu Essen bevor die geplanten Blockaden des Flughafens, der deutschen Bank und der Einkaufsmeile Zeil dann losgehen sollten. Sogar auf dieser kurzen Route zum Essen versperrte die Polizei teilweise den Weg der versammelten Menschen.
Im Verlauf des Nachmittags zeigte die Polizei dann eindeutig wie sie die Versammlungsfreiheit auslegt. Während die Proteste an der deutschen Bank und in der Zeil den nun schon bekannten Vorgehen ausgesetzt waren, wurden die Demonstrierenden am Flughafen mit der ganzen Willkür der Staatsmacht konfrontiert. Die Polizei hinderte alle Anwesenden mit massiven Einsatz von Pfefferspray, Schlagstöcken und bloßen Fäusten daran, zu dem angemeldeten und gerichtlich bestätigten Versammlungsort zu gelangen. Erst nach mehreren Stunden und nach mehreren äußerst brutalen Festnahmen durften 200 der Demonstrierenden doch noch in das Terminal um dort, begleitet von einem Wanderkessel, die angemeldete Kundgebung endlich zu halten.
Die Bilanz des Aktionstages: Extreme Repression gegenüber den Demonstrierenden und Missachtung derer Grundrechte, insbesondere des Versammlunsrechts, durch die Staatsgewalt. Doch damit noch nicht genug. Die Demonstration am Samstag zeigte, dass die Polizei diesem ungeheurlichen Vorgehen noch eins draufzusetzen vermochte.

Der Samstag – Großdemonstration

Die Demonstration, welche sich am Willy-Brandt-Platz versammelte, zog mittags auf der angemeldeten Demonstrationsroute los. Gleich von Anfang an war jedoch der vordere Bereich, wo der antikapitalistische Block in ungewohnt bunter Farbe sich befand, von einem zwei Mann tiefen Spalier begleitet. Der Zweck dieser verwunderlichen Begleitung von Anfang an wurde sehr bald klar, als die Polizei nach einem Bruchteil der angemeldeten Strecke an der günstigen Engstelle am Frankfurter Schauspielhaus ca. 1000 Antikapitalist*innen ohne Vorwarnung einkesselte. Die fadenscheinige Begründung, dass sich Demonstrierende mit Sonnenbrillen(!) und Regenschirmen(!) vermummt hätten, wurde hervorgebracht um diese Maßnahme zu begründen. Laut anonymen Aussagen einiger Polizist*innen war der Kessel an dieser Stelle schon im vorraus geplant und befohlen worden. Das Sonnenbrillen bei sonnigem Wetter verboten seien, war zumindest den unbescholtenen Bürger*innen unbekannt. Der gezielte Versuch die Demonstration zu spalten, gelang aufgrund des Zusammenhaltens aller beteiligten Gruppierungen nicht, weil die von beiden Seiten beobachtenden Teile der Demo sich nicht zum Abzug bewegen liessen. Da desweiteren die Eingekesselten sich vom unverhältnismäßigen Agieren der Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE) nicht haben provozieren lassen, begann die Polizei damit denn Kessel nochmals zu Spalten und die Eingekesselten einzeln Abzuführen, teilweise durch Spaliere von Kampfhunden hindurch, und deren Personalien aufzunehmen so wie diese zu durchsuchen. Im Bereich des Kessels prügelte die Polizei wahllos auf Zivilist*innen ein, ob Reporter*innen, Demo-Sanitäter*innen oder gar MdB, alle bekammen die Polizeigewalt durch Pfefferspray, Knüppel oder gewaltsamen Abführen früher oder später zu spüren.
Einige Stunden nach Ende der offiziell angemeldeten Demonstration, welche nie weiter kam, noch den Kundgebungsort vor der inzwischen mit Nato-Stacheldraht abgesicherten EZB erreichte, leerte sich der Kessel langsam. Doch die Polizei war noch nicht fertig. Sie stürmte, wider jeden Rechts, den auch im Kessel befindlichen Lautsprecherwagen der Demoleitung und führte ihn später ab. Neun Stunden nach der Einkesselung war dann endlich der letzte Demonstrierende aus den Kessel draußen. Die gefährliche Beute der Polizei, also die “Bewaffnung” der “Krawallmacher” welche am Ende als Beweise da lagen: Fünf Fahnen und 10 Flaschen welche mit Farbe gefüllt waren. Danach bewegten sich die anwesenden Demonstrationsteilnehmer*innen, nach einer kurzen abschliessenden Kundgebung, zusammen mit den Betroffenen des Kessels unter massiver Polizeibegleitung wieder die wenigen Schritte zurück zum Bahnhof, wo die Demonstration um Mitternacht endlich ihr Ende fand. Doch selbst die Abreise wurde durch die Polizei aus unersichtlichen Gründen mit einem Trichter am Eingang zum Bahnhof stark behindert.

Der Lichtblick der Solidarität

Doch trotz allen Repressionen durch das staatliche Gewaltmonopol und dessen Eskalationsversuchen hinterlassen die Blockupy Proteste in Frankfurt bei den Teilnehmer*innen auch ein Gefühl der Hoffnung.
Entgegen allen Versuchen der Polizei die Lage eskalieren zu lassen, hielten sich die Demonstrierenden an den im vorraus beschlossenen Aktionskonsens:
“Zwar werden wir ein Zusammentreffen mit der Polizei nicht ausschließen können, aber von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen.”
Zu keinem Zeitpunkt konnten die Protestierenden derartig provoziert werden, dass es zu Ausschreitungen ihrerseits kam. Damit haben wir gezeigt, dass ein massiver, friedlicher Protest durchaus von Seiten der als “gewalttätig” diffamierten Linken, oft auch einfach “Krawallmacher” gennant, erwünscht und möglich ist. Die so sehr gefürchteten schwarz Vermummten hatten in Frankfurt ein Wappen ihres Bundeslandes auf dem Ärmel und waren bis an die Zähne bewaffnet.
Nicht nur konnte eine Eskalation von Seite der Teilnehmer*innen vermeiden werden, sondern auch die sonst so spaltungsfreudige Linke zeigte sich als eine gemeinsame Gruppe mit gemeinsamen Ziel, obwohl die verschiedensten Gruppierungen und Organisationen dabei waren. Weitere Solidarität erfuhren die in Frankfurt Protestierenden am Samstag durch Solidaritätsaktionen in vielen Städten der Bundesrepublik und sogar in den ein oder anderen Nachbarland. Auch wie wichtig eine parlamentarische Linke sein kann wurde ersichtlich als parlamentarische Beobachter der Linksfraktion sich schützend zwischen Polizei und Eingekesselten stellten. Am Ende bleibt ein Gefühl des gemeinsamen Kampfes, ein Gefühl, dass keiner von uns je allein ist, egal wie verlassen man eingekreist von der Polizei sich fühlen mag. Wer schliesslich von Frankfurt nach Hause zurückkehrte, fand vor ort auch noch Solidaritätsdemos vor, wie auch am vergangenen Montag in Freiburg.
Doch nicht nur Linke zeigten ihren Unmut über die Reaktion des Staates. Frankfurter im Schauspielhaus solidarisierten sich spontan und versorgten die Eingekesselten von ihren Fenstern aus mit Essen und Wasser. Ihnen ein ganz herzliches Dankeschön!

Hoch die Solidarität!
Frankfurt, wir sehen uns 2014 wieder, diesmal alle nach der neuesten Mode gekleidet: Sonnenbrille und Regenschirm!

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