Geflüchteten eine Stimme geben – Interview Teil 2

Arian (Name geändert) ist 16 Jahre und kommt aus einem Dorf, nicht weit weg von der Stadt Prokuplje (Serbien), nahe der kosovarischen Grenze. Er kam im Dezember 2014 zusammen mit seiner Familie nach einem Jahr Flucht nach Deutschland. Wir haben ihn zu seiner Flucht interviewt:

Was hat dich und deine Familie dazu gebracht, zu sagen, jetzt verlassen wir unsere Heimat?

Wir hatten ein kleines Haus, in dem unsere Familie wohnte und mein Vater arbeitete für die Stadt. Er beseitigte dort den Müll. Doch seit dem Zerfall der Republik Jugoslawien kam es immer wieder zu Ausschreitungen, auch in unserem Dorf. Außerdem ist die kommunale Arbeit nach und nach zerbrochen. Vor allem in der Wirtschaftskrise wurde viel eingespart. Die ethnischen und religiösen Spannungen verschärften sich immer wieder. Wir gehörten zur jüdischen Gemeinde unseres Dorfes, mussten uns immer wieder Beleidigungen anhören. Auch gab es Konflikte mit der kosovarischen Bevölkerung. Eines Tages wurde meine Schwester, sie war 17 Jahre alt, auf offener Straße von einem Mann abgestochen. Sie war im 7. Monat schwanger.

Als mein Vater ihr zur Hilfe eilen wollte, griff der Mann auch ihn an. Mehrere Nachbarn kamen zwar zur Hilfe, doch für meine Schwester und ihr Baby kamen jede Hilfe zu spät. Ein paar Tage später kam es zu Ausschreitungen, immer wieder wurden wir bedroht, weil wir hebräisch untereinander gesprochen haben.

Eines Nachts wurde unser Haus mit Molotowcocktails angegriffen und brannte vollständig ab. Wir konnten uns gerade noch so aus den Flammen retten. Daraufhin zogen wir in eine andere Stadt. Im Mai 2014 gab es dann aber eine große Überschwemmung in Serbien und unser Haus wurde dabei wieder zerstört. Mein Vater hat keine Arbeit mehr erhalten und von staatlicher Seite bekamen wir keine Unterstützung. Deshalb haben wir beschlossen, nach Deutschland zu fliehen. Wir bezahlten einem Bekannten 300€, der uns dann nach Deutschland mit dem Auto fuhr.

Welche Erwartungen hast du jetzt?

Ich will deutsch lernen, einen guten Schulabschluss machen und eine Ausbildung als Automechaniker anfangen. Ich hoffe, dass ich hier bleiben kann und eine gute Zukunft für mich und meine Familie aufbauen kann.

Willst du irgendwann wieder einmal zurück?

Ich sehe für mich keine Perspektive in Serbien. Dort werden wir nur verfolgt und haben keine Chance auf eine Zukunft.

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