Trauriger Text über Facebook-Kommentare

Fassungslos scrolle ich mich durch die Kommentare, die von Facebook-User*innen unter den Artikel über den Überfall von sechs Mitgliedern der rechtsextremistischen Kleinpartei Der III. Weg auf einen Info-Stand der Initiative „Gegen Rechts Tübingen“ in Rottenburg, veröffentlicht am zweiten Mai, gepostet wurden. Mich hatte der Angriff auf den Infostand der Antifa bestürzt. Doch in den Kommentaren dominiert eine andere Meinung. Zum einen finden sich zahlreiche Kommentare, für die beispielhaft dieser steht: „Die größte Gefahr kommt von den linken!!!! […]“. Zum anderen geht es gegen das Schwäbische Tagblatt. Eine Userin schreibt: „Ihr seid ihre (der Antifa, Anmerkung d. Autoren) Handlanger[…].“, eine andere Userin stellt fest, dass eine solche Berichterstattung „nicht mehr glaubhaft“ sei. Nur ganz vereinzelt finden sich Gegenstimmen, die das Vorgehen der Neonazis der Kleinstpartei der dritte Weg sowie die u.a. oben genannten Kommentare kritisieren

Um die erste Aussage zu prüfen, lohnt sich ein Blick in die Fallzahlen der politisch motivierten Kriminalität die im vergangenen Monat für das Jahr 2016 von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vorgestellt wurden:

Zahl der politisch motivierten Straftaten: Rechtsmotiviert: 23.555. Linksmotiviert: 9.389.

Zahl der politisch motivierten Gewalttaten: Rechtsmotiviert : 1.698. Linksmotiviert: 1.702

Von wem die zahlenmäßig eindeutig höhere Gewalt ausgeht, ist klar ersichtlich. Natürlich geht Gewalt leider auch von linken Gruppierungen aus, das streitet niemand ab. Besonders das Vorgehen der Antifaschistischen Aktion (kurz Antifa) wird auch in linken Kreisen zum Teil heftig kritisiert. In den Kommentaren wurde jedoch ein Bild von einem Deutschland beschrieben, dass ausschließlich unter massivem linken Gewalt- und Straftaten zu leiden scheint. Dass der Angriff am vergangenen Samstag von Rechts ausging, wurde von einigen User*innen frei nach dem Motto Ausnahmen bestätigen die Regel gedeutet und somit passend in ihre Sicht eingebaut.

Die zweite Anschuldigung konnte ich ebenso wenig nachvollziehen. Ich las mir den Artikel noch mehrere Male durch, konnte aber beim besten Willen keine Spur von einseitiger Berichterstattung finden. Das Tagblatt zitierte die Aussagen der Antifa und der Polizei (z.b. „Laut Antifa[…]“; „[…], so die Antifa.“; „Die Polizei berichtet, dass nach Angaben von Zeugen […]“) und bezog selbst nie Stellung.

Besonders auf Facebook sind  Kommentare wie diese leider normal geworden. Es ist erschreckend, wie viele Leute öffentlich rechten Parteien/Gruppierungen, in diesem Fall bekennenden Neonazis, zustimmen und ihre Aktionen gutheißen. Bei Diskussionen werden Fakten entweder verdreht oder in guter AfD-Manier komplett frei erfunden. Man ist wütend und traurig aber müde geworden, jede Dummheit die im Netz gepostet wird, als solche zu entlarven. Trotzdem sollten wir eine solche Diskussionskultur nicht hinnehmen.

Wir wünschen uns kritische politische Diskussionen in alle Richtungen, welche aber immer physisch, psychisch und verbal friedlich ablaufen müssen und sich vor allem auf Fakten anstatt auf dumpfen Klischees gründen sollten.

Die Reaktion auf Taten wie die am 29. April darf nicht Einschüchterung und Akzeptanz sein. Wir alle müssen zeigen, was wir uns für eine Gesellschaft wünschen und dass in dieser rechtes Gedankengut, auch in Rottenburg, keinen Platz hat.

 

Hier geht es zum geposteten Artikel vom Schwäbischen Tagblatt und den Kommentaren:  https://www.facebook.com/schwaebischestagblatt/posts/1522563734429837

 

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