Zum Göppinger Kesselprozess

„Wir dulden in Baden-Württemberg keine extremistischen Vereinigungen, die eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweisen.“ Mit diesen markigen Worten kommentierte Landesinnenminister Reinhold Gall – derselbe Reinhold Gall übrigens, der unlängst seine Bereitschaft verkündete, zugunsten der Vorratsdatenspeicherung auf „vermeintliche Freiheitsrechte“ zu verzichten – das Verbot der rechtsextremistischen Gruppierung „Autonome Nationalisten Göppingen“ im vergangenen Jahr. Nachdem der NSU über Jahre hinweg Menschen ermordete, ohne dass die baden-württembergischen Behörden etwas dagegen unternommen hätten, scheint das Innenministerium um Imagepflege bemüht.

Doch diese Bestrebungen erblassen im Licht immer neuer Skandale, die im Zuge des NSU-Untersuchungsausschusses an die Öffentlichkeit gelangen. Und auch sonst bleibt wenig Zweifel daran, dass baden-württembergische Behörden nach wie vor von tendenziöse Denk- und Handlungsmustern geprägt sind. Dies lässt sich derzeit exemplarisch am Prozess zu dem Göppinger Polizeikessel nachvollziehen, in dessen Rahmen bei einer Demonstration im Oktober 2013 über 500 Personen festgehalten wurden.

Zuvor waren Protestmärsche der NPD sowie der mittlerweile verbotenen „Autonomen Nationalisten“ genehmigt worden – obwohl die letztere Gruppierung bereits durch Gewaltverbrechen und Morddrohungen aufgefallen war. Etwa 1500 Menschen wollten daraufhin bei einer Gegenkundgebung ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. Doch nach einem friedlichen Verlauf der Demonstration wurden zahlreiche DemonstrantInnen Opfer exzessiver Polizeigewalt, als sie versuchten, den Aufmarsch der „Autonomen Nationalisten“ zu verhindern. Nicht nur erlitten Menschen dabei Verletzungen durch Pfefferspray und Schlagstöcke; Augenzeugenberichten zufolge verweigerten die Beamten mindestens in einem Fall einer verletzten Demonstrantin eine unmittelbare medizinische Versorgung. Zuletzt hielt die Polizei friedlich Protestierende zum Teil über sieben Stunden fest – ohne für die entsprechende Versorgung mit Getränken und Lebensmitteln zu sorgen.

Nun hat der Kessel ein juristisches Nachspiel. Doch wer vermutet, dass der Polizeieinsatz ins Visier der Justiz geraten sei, irrt: Die Klage gegen den Kessel wurde abgewiesen. Stattdessen werden nun zahlreiche Demonstranten wegen ihres Engagements belangt. Die verhängten Geldstrafen in Höhe von bis zu 1000 Euro zeigen deutlich, dass ein klarer Protest gegen Rechtsextremismus in Baden-Württemberg offenbar immer noch als gemeingefährliche Verletzung der gängigen Normen aufgefasst wird. Am morgigen Dienstag, den 21.07., werden sich auch aktive Mitglieder der Linksjugend [´solid] Baden-Württemberg vor dem Amtsgericht Göppingen gegen die Anklage der Staatsanwaltschaft verteidigen müssen. Gerade vor dem Hintergrund des NSU-Terrorismus wäre ein Schuldspruch ein klares Bekenntnis der Justiz gegen zivilgesellschaftliches Engagement und ein Armutszeugnis.

 




Oxi: Ein Bekenntnis zu Solidarität und Freiheit

In Griechenland zeichnet sich nach dem Referendum über die politischen „Reformvorschläge“ der Institutionen ein klares Nein ab: Nach vorläufigen Hochrechnungen lehnen rund 60 Prozent der Wähler und Wählerinnen eine Annahme der Vorschläge ab.

Die zähen Verhandlungen im Schuldenstreit zwischen Griechenland und den „Institutionen“ hatten am vergangenen Wochenende ein vorübergehendes Ende gefunden, als der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ein Referendum über das Angebot der Europäischen Zentralbank und Kommission sowie des Weltwährungsfonds ankündigte.

Das Referendum stand damit am Ende eines langen Prozesses, in dessen Verlauf europäische Institutionen – die dereinst die Solidarität der europäischen Gemeinschaft verkörpern sollten – einen ihrer Mitgliedsstaaten in eine schier endlose Spirale ideologisch verblendeter Sparpolitik und Einbrüchen der Wirtschaft sowie des Lebensstandards seiner Bürger geführt haben.

Das Referenum war eine mutige und  konsequente Entscheidung Tsipras‘. Dass hingegen führende europäische PolitikerInnen einen regelrechten Wahlkampf betrieben, um die griechischen Bürgerinnen und Bürger von einer Entscheidung gegen ihre Regierung zu überzeugen, offenbart eine geradezu widerwärtige Doppelmoral. Denn nicht nur haben dieselben PolitikerInnen, allen voran Wolfgang Schäuble, durch ihr verbohrtes Beharren auf einer offenkundig verfehlten Wirtschaftspolitik Griechenland erst in seine derzeitige missliche Lage manövriert. Vor allem richtet sich ihre Ablehnung der griechischen Selbstbestimmung gegen alles, wofür Europa und die EU zu stehen vorgeben.

Die klare Haltung der griechischen Bürgerinnen und Bürger gibt nun Anlass zu der Hoffnung, dass die erpresserischen Spardiktate der Institutionen bald ein Ende finden. Zwar ist derzeit kaum absehbar, wie sich die Geschehnisse in den kommenden Tagen entwickeln und an Konsequenzen mit sich bringen werden. Aber klar ist: Ein Nein zum Austeritätszwang ist kein Nein zu Europa. Ganz im Gegenteil: Ein Nein zum Austeritätszwang ist ein Bekenntnis zu einem Europa, dessen Werte mehr sind als hehre Absichten und hohle Worte. Ein Bekenntnis zu einem Europa der Solidarität und Gerechtigkeit, der Demokratie und Freiheit.

Die Linksjugend [’solid] Baden-Württemberg appeliert daher an die europäischen Institutionen, Staatsoberhäupter und Regierungsvertreter, endlich Einsicht walten zu lassen und das griechische Votum zu akzeptieren. Zudem erklären wir uns solidarisch mit den Bürgerinnen und Bürgern Griechenlands, denn wir sind der Überzeugung, dass die Grenzen nach wie vor nicht zwischen Staaten, sondern zwischen oben und unten verlaufen!




08. Mai: Tag der Befreiung!

Am achten Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Europa war endgültig befreit von der nationalsozialistischen Herrschaft. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, um am heutigen Tage den Millionen Menschen zu gedenken, deren Leben von dieser menschenverachtenden Ideologie vernichtet wurde.

Darüber hinaus gilt es aber auch, die Bedeutung des achten Mais für den folgenden Prozess der europäischen Einigung zu betonen. Erst die Befreiung vom Nationalsozialismus ermöglichte die Annäherung und Versöhnung, die Europa in den letzten Jahrzehnten eine nie dagewesene Epoche des Friedens bescherte.

Die historische Bedeutung des achten Mais lässt sich also kaum überschätzen. Damit dieser Bedeutung angemessen Rechnung getragen werden kann, fordert die Linksjugend [´solid] Baden-Württemberg, den 8. Mai zum nationalen Feiertag zum Gedenken an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu erklären.

Neben zahlreichen Ländern Europas, die den achten Mai als Feiertag begehen, wird der Tag in Mecklenburg-Vorpommern bereits seit 2002 als offizieller Gedenktag begangen. Im April dieses Jahres entschied auch der Landtag Brandenburgs, einen solchen Gedenktag einzuführen.

Ein solcher Feiertag wäre einerseits ein Signal der Vorsehung und der Bereitschaft, aus der Geschichte zu lernen – auf dass sie sich nie wiederhole. Gerade in Zeiten, in denen der Frieden in Europa einmal mehr durch Nationalismus und Rassismus bedroht wird, wäre er für Deutschland zugleich jedoch auch ein klares Bekenntnis zu jenen Werten, die das Selbstverständnis der Bundesrepublik seit ihrer Gründung prägen – ein Bekenntnis zu Offenheit und Solidarität, Freundschaft und Frieden.

 

 




Abschiebealarm!

Nachdem in Baden-Württemberg bereits letzte Woche eine Massenabschiebung von Geflüchteten, vornehmlich aus Staaten des Balkans, stattfand, plant das Land für den morgigen Donnerstag, den 07. Mai, erneut eine Abschiebeaktion.

Diese richtet sich erneut vor allem gegen Geflüchtet aus den neuerdings zu „sicheren Herkuftsländern“ erklärten Staaten Serbien, Bosnien und Herzegowina sowie Mazedoien. Insbesondere Sinti und Roma sind in den genannten Staaten jedoch massiver Diskriminierung ausgesetzt.

Wie bei vorherigen Anlässen wird auch diesmal vielerorts Widerstand gegen die Abschiebungen organisiert. Dabei konnten bisher einige Abschiebungen tatsächlich verhindert werden, so zum Beispiel in Heidelberg, wo unlängst 170 Menschen an einer Blockade teilnehmen. Die Polizei musste kapitulieren und die Abschiebung vertagen. Dies kann für die Betroffenen unschätzbare Vorteile erbringen, wenn sie durc die Verzögerung beispielsweise Fristen überschreiten, nach denen sie nicht mehr einfach abgescchoben werden können.

Damit solche Erfolge auch in Zukunft erzielt werden können, bedarf es aber ständiger tatkräftiger Unterstützung! Die Polizei verfolgt offensichtlicch eine Zermürbungsstrategie: Informationen über geplante Abschiebungen sollen möglichst lange geheim gehalten werden und die Abschiebungen erfolgen dann meistens mitten in der Nacht. Dies beruht offensichtlich auf der Hoffnung, dass früher oder später niemand mehr die Motivation aufbringt, Abschiebungen zu blockieren.

Erkundigt euch deshalb bei euren Basisgruppen, wie und wo Widerstand geplant ist oder organisiert diesen selbst! Lasst uns der Politik und  der Gesellschaft durch praktische Solidarität zeigen, dass wir nach wie vor für die Rechte Geflühteter einstehen! Kein Mensch ist illegal!