Rede von Lu Martin auf der Feminismusdemo am 15.05.2021

Ich bin wütend, weil ich jedes mal, wenn es um Feminismus geht, Sprüche zu hören bekomme wie „Ihr Frauen habt doch schon die gleichen Rechte.“ oder “Ist doch nicht so schlimm.” oder “Es gibt wichtigeres.”. Diese Sprüche kennt bestimmt Jede hier, die sich schon mal über Gleichberechtigung unterhalten hat, nur zu gut.

Und ja, es gibt andere Themen, die auch sehr wichtig sind wie z.B. der Klimaschutz, Antirassismus oder der Kampf für eine sozialistische Gesellschaft. Aber nur, weil das auch sehr wichtig ist, heißt das ja noch lange nicht, dass der Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter dadurch weniger wichtig wäre. Im Gegenteil, diese Kämpfe gehen sogar Hand in Hand miteinander. Denn solange wir im Kapitalismus leben, wird es auch weiterhin Rassismus und Sexismus geben.

All diese Dinge dürfen wir nicht einfach hinnehmen. Oder ist es etwa hinnehmbar, dass sich viele Frauen aus Angst vor Belästigung nicht trauen, nachts alleine draußen zu sein? Ist es etwa hinnehmbar, dass jede 3. Frau in Deutschland von sexueller und/oder körperlicher Gewalt betroffen ist? Akzeptieren wir einfach so, dass Frauen trotz gleicher Arbeit im Durchschnitt 25% weniger Gehalt bekommen?

Wenn Menschen, die das alles nicht betrifft, sagen, das wäre hinnehmbar, macht mich das wirklich wütend, weil sie dann offensichtlich keine Ahnung haben, von was sie da reden. Es hat sich über die Jahre natürlich viel verändert und großartige Feministinnen haben uns unsere heutigen Rechte erkämpft. Aber das ist kein Grund, jetzt aufzuhören, denn wir sind noch lange nicht am Ziel und es gibt noch viel zu tun auf dem Weg zur Gleichberechtigung aller Geschlechter.

Ich bin wütend, weil Frauen im Durchschnitt 25% weniger verdienen als Männer und das für genau die gleiche Arbeitsleistung. Dazu kommt ja noch, dass in den systemrelevanten Berufen wie zum Beispiel Pflege, Kinderbetreuung oder Lebensmittelhandel zu 75% Frauen arbeiten.

Wütend, weil ich monatlich Unmengen an Geld für Menstruationsprodukte ausgeben muss, obwohl das etwas komplett natürliches ist, das ich nicht beeinflussen kann. Das betrifft immerhin die Hälfte der Bevölkerung. Und keine menstruierende Person kann einfach mal für einen Monat ihre Tage nicht bekommen, weil sie halt gerade kein Geld dafür hat. Da wäre es doch mal ein guter Anfang, wenn die Ortenau in Schulen und öffentlichen Toiletten Menstruationsprodukte kostenlos zur Verfügung stellen würde.

Ich bin auch wütend, weil ich mir immer 3 mal überlegen muss, was genau ich anziehe, damit mich in der Öffentlichkeit niemand belästigt. Denn However I dress, whereever I go, yes means yes, no means no!

Ich bin wütend, weil ich als Frau in einem Gespräch nie wirklich beachtet werde, weil automatisch davon ausgegangen wird, dass ich nicht viel weiß oder kann, nur weil ich ein Frau bin.

Und wenn man das tagtäglich erlebt, dass man einfach nie ernst genommen wird, ist es auch nicht verwunderlich, wenn man das als Frau irgendwann einfach hinnimmt und aufgibt. Vielleicht wirklich anfängt, zu denken, man sei nicht so wichtig und wertvoll wie ein Mann. Denkt, dass einen eh niemand hören will. Denn von der Gesellschaft bekommt man ja genau das jeden Tag bewusst oder unbewusst gesagt.

Aber wir wissen nicht weniger. Wir können nicht weniger. Und wir sind auch nicht schwächer, schüchterner oder weniger Wert als Männer. Wir sind so unglaublich stark. Wir können verdammt nochmal Kinder auf die Welt bringen, das muss ein Mann erst mal toppen.

Ich habe euch vorhin erzählt, wie wütend mich diese ganzen Ungerechtigkeiten machen. Aber es reicht nicht, wütend zu sein. Um etwas an den Zuständen zu ändern, müssen wir mehr als nur wütend sein. Wir müssen aufstehen und für unsere Rechte kämpfen. Klar machen, dass wir das alles nicht länger schweigend hinnehmen, sondern dass die Veränderung weiter geht. Dass wir nicht aufzuhalten sind.

Also lasst uns aufstehen und gemeinsam für unsere Rechte kämpfen.

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