Türkei: Eine kurze Einschätzung der Lage

Die türkische Wirtschaft schaut zunehmend in die Röhre. Die Inflation liegt unverändert bei 9-10%, die Arbeitslosigkeit bei 10%+, der Börsenindex hat sein Allzeithoch von 2013 längst nicht mehr erreichen können und die Landeswährung ist auf einem Rekordtiefstand. Zudem bleibt der Tourismus aus und man verscherzt es sich mit seinem größten Handelspartner, dem deutschen Kapital.
Alle Zeichen stehen also auf eine Verschärfung der Wirtschafts- bzw. Systemkrise und somit auch eine Verschärfung des Krieges im Osten der Türkei. Nun wird sich die Frage stellen, ob es Erdogan schnell genug schafft den Staat zu einer offenen Diktatur umzubauen, um seine Macht zu halten und entstehende Kritiker in der eigenen Bourgeoisie Fraktion früh genug daran zu hindern, einen Putsch zu organisieren. Hier bleibt auch die Frage, ob der Staat zu einem faschistischen System umgebaut wird, wonach es durchaus aussieht oder man den Weg des Bonarpartismus eingeschlagen hält. Viel dürfte davon abhängen, wie der Krieg gegen die kurdische Bevölkerung verläuft, wie hoch die eigenen Verluste sein werden und ob man die derzeitige kleinbürgerliche und vor allem kleinbäuerische Massenbasis halten kann.
Auf Frieden ist man in nächster Zeit wohl eher nicht bedacht, auch wenn schon die ersten Bagger wieder anfangen Cizre und Amed-Sur aufzubauen. In Maras z.B. werden inmitten von alevitischen Dörfern, sunnitische Flüchtlinge aus Syrien angesiedelt, denen man u.a. auch das türkische Wahlrecht zugestehen will. Wissen muss man hierzu, dass die alevitische Gemeinschaft in der Türkei seit langem von der sunnitischen Mehrheit unterdrückt und verfolgt wird, es auch in Maras schon zu mehreren Massakern gekommen ist.
Was aus den hunderttausenden von kurdischen Flüchtlingen wird, die aus Cizre, Nusaybin, Amed-Sur etc. fliehen mussten und nun keine Häuser oder Jobs mehr besitzen, ist bislang auch noch nicht klar. Denn Geld für neue Häuser haben die allermeisten nicht, genauso wenig können sie sich die Mieten der später neu entstehenden Häuser leisten. Vor allem wenn diese Menschen in die westlichen Metropolen strömen, wird das Konfliktpotential noch einmal weiter angeheizt.
Das schreckt potentielle Investoren weiter ab, lässt Kapital abfließen und wirkt als Katalysator der Krise.

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