Antifa ist der Kampf um‘s Ganze!
Historische Entwicklung des autonomen Antifaschismus
Traditioneller Antifaschismus
Vom 15. bis 17. März 1947 fand die erste Länderkonferenz der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Frankfurt am Main statt. Die VVN verkörpert eine Facette des traditionellen Antifaschismus. Ihr Leitmotiv bildet neben dem Ziel „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ auch der „Buchenwaldschwur“ der dortigen KZ-Überlebenden.
Die zentrale Aufgabe der VVN war die Entnazifizierung. Zusätzlich wurde durch antifaschistische Bildungsarbeit versucht, die ideologische Grundlage des Faschismus zu zerstören.
Der Antifaschismus der K-Gruppen
Für die K-Gruppen – die verschiedenen kommunistischen Gruppen, die aus der 68er Revolte hervorgingen – spielte die antifaschistische Arbeit immer nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch agierten sie damals am konsequentesten gegen Nazis. Im Unterschied zur VVN/BdA beriefen sie sich nicht auf das Gewaltmonopol des Staates. Für sie gehörte Militanz zu den Mitteln gegen Neonazis.
In Abgrenzung zu den K-Gruppen entstanden „Spontis“ – Kleingruppen undogmatischer Linker. Für sie gehörte der direkte Angriff gegen Neonazis schon damals zur alltäglichen Praxis. Diese Auseinandersetzungen waren aber meist „Straßenschlägereien”, die oftmals kurzfristig und unvorbereitet stattfanden.
Anfang der 80er Jahre traten in Abgrenzung zur Punkszene erstmals faschistische Skinheads in der BRD auf. Sie waren seit dieser Zeit das Fußvolk für neofaschistische Parteien und Gruppen. Erste „Glatzen” traten auch Neonazi-Gruppen wie der “Aktionsfront Nationaler Sozialisten” bei.
In dieser Situation bildete sich aus den antifaschistischen Initiativen und Gruppen der autonome Antifaschismus. Meist waren es Cliquen von Jugendlichen, die wegen der Forderung nach selbstbestimmten Jugendzentren und einem alternativen Leben immer wieder in Konfrontation mit Neonazis gerieten. Die ersten „autonomen“ antifaschistischen Gruppen entstanden. Die antifaschistische Arbeit in der autonomen Szene ermöglichte es auch Leuten jenseits von Theoriedebatten, praktisch politisch aktiv zu werden.
Die Fantifa
Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre entstanden bundesweit in vielen größeren Städten reine Frauen- und feministische Antifa-Gruppen, die sogenannten Fantifas. Bis dato gab es zwar einen relativ hohen Anteil organisierter Frauen, allerdings waren die autonomen Strukturen stark männerdominiert. In der Regel knüpften Männer die Kontakte und hielten öffentliche Reden. Das hatte einen dominanten und mackerhaften Beigeschmack.
Auch die theoretische Arbeit zu Themen wie Sexismus, Patriarchat und Feminismus wurde oft in den Gruppen ausgeblendet. Die Fantifa sah darin einen Widerspruch zur emanzipatorischen radikalen Linken.
Nach der ersten bundesweiten feministischen Antifa-Konferenz in Bonn (1990) wurde unter dem Thema „Nationalsozialistinnen als Täterinnen“ der Mythos der angeblich von Natur aus friedlichen Frau aufgebrochen. Auch andere Themen, wie die Kritik an dem Programm sogenannter Abtreibungsgegner*innen oder die Aufarbeitung des weiblichen Widerstandes gegen den Faschismus gerieten in ihren Fokus.
“Erklärtes Ziel der Fantifas war es aber auch, über die zu dieser Zeit in Antifa-Kreisen übliche Konzentration auf Antifa-Nazi-Arbeit hinauszugehen und ihr Politik- und Interventionsfeld zu erweitern. Zentraler theoretischer Bezugspunkt für das Politikverständnis vieler Fantifa-Frauen war die sogenannte Triple-Opression-Theorie, die die Gleichwertigkeit patriarchaler und rassistischer Unterdrückung sowie kapitalistischer Herrschaft beschreibt.Mitte der 90er Jahre lösten sich viele Fantifa-Gruppen aufgrund inhaltlicher Differenzen auf. Ihre politische Arbeit hat jedoch dazu beigetragen, feministische Diskurse in Teile der Antifa zu integrieren”.
Antifa und AntiRa
Immer wieder gab es den Versuch einer engen Zusammenarbeit zwischen Menschen mit und ohne deutschen Pass. Die enormen Unterschiede in der Ausgangssituation führten immer wieder zu einer Spaltung in „Deutsche“ und „Ausländer*innen. Nur wenige Initiativen schafften es, gemeinsame Aktivitäten zu entfalten. Die gemeinsame Arbeit mit Flüchtlingen und die Unterstützung ihrer Selbstorganisation ging bei vielen Antifa-Gruppen in der Konzentration auf direkte Anti-Nazi-Aktionen unter. So entstand ein Graben zwischen Antifa- und Antira-Gruppen. In letzter Zeit jedoch führen gemeinsame Projekte und die Zusammenarbeit mit den Flüchtlingen im Zuge des Refugee Strike oder die Erinnerung an das Pogrom von Lichtenhagenzu verstärkter Zusammenarbeit. Es werden gemeinsam Demos organisiert, Flüchtlinge im Knast unterstützt, Flüchtlingsheime besucht und Abschiebungen verhindert. Antifa- bzw. Antira-Arbeit heißt vor Ort praktische Solidarität zeigen. Baut Kontakte zu den Flüchtlingsunterkünften in eurer Nähe auf, protestiert gegen Abschiebungen, Lebensmittelgutscheine und staatlichen Rassismus, unterstützt die Flüchtlinge bei der Selbstorganisation. Nicht zuletzt heißt eine konsequente Antira-Arbeit auch, sich den eigenen Privilegien bewusst zu sein und den Flüchtlingen nicht auch in diesem Raum ihre Stimme zu nehmen.
Antifa vor Ort
Antifaschistische Politik heißt nicht nur, alle Jahre mal nach Dresden zu fahren und sich auf die Straße zu setzen. Der Grundpfeiler der antifaschistischen Politik ist die Aktivität dort, wo sich niemand an rechten Positionen stört. Antifa bedeutet auch mal in die Sportvereine zu gehen und Neonazis zu outen oder sich auch auf den Marktplatz zu stellen und über rechte Strukturen und Politik zu informieren sowie Neonaziveranstaltungen zu verhindern. Antifa bedeutet im Jugendclub und der Schule politische Bildung voranzutreiben und zu diskutieren, lokale Bündnisse zu schaffen, die sich gegen rassistisches und faschistisches Gedankengut engagieren und an vergangene Geschehnisse erinnern. Antifa sollte auch heißen, sich an die Seite der betroffenen rechter Politik zu stellen: Solidarität mit Flüchtlingen, rassistische Übergriffe melden und verhindern sowie im Alltag auf Sprache, Witze etc. achten